Im Jahr 1632, mitten im Dreißigjährigen Krieg, wurde Dinkelsbühl von schwedischen Truppen unter dem Kommando des Obristen Claus-Dietrich von Sperreuth belagert. Die Schweden forderten die bedingungslose Kapitulation der Stadt – oder wie es im Festspiel heißt, die Übergabe auf „Gnad’ und Ungnad’“.
Diese dramatische Episode der Stadtgeschichte wird im Rahmen des historischen Festspiels „Kinderzeche“ eindrucksvoll nachgestellt: Auf der Dinkelsbühler Schwedenwiese entsteht jedes Jahr ein lebendiges Schwedenlager vor den Toren der Stadt. Rund 450 erwachsene Darsteller – Landsknechte, Reiter, Marketenderinnen – sowie etwa 200 Kinder und Jugendliche lassen das Lagerleben dieser Zeit lebendig werden.
Das schwedische Heer bestehen aus zwölf verschiedenen Gruppen, jede mit eigenem Charakter und Aufgaben: Musketiere laden ihre Schusswaffen und zünden die Lunten, während ihnen die Pikeniere mit ihren langen Piken Schutz leisten. Das Fußvolk übt sich im Singen und Würfelspiel, begrüßt Neulinge im Lager mit einer ordentlichen Portion „nassem“ Lagerhumor, manchmal auch mit einer unblutigen Einlage der Henker, wenn jemand allzu sehr über die Stränge schlägt.
Die Rauschpfeifer spielen auf und begleiten die Schwedentänzer bei ihren Aufführungen. Die schwedischen Offiziere kümmern sich gemeinsam mit der Marketenderei um das Wohlergehen der Pferde, während die Kürassiere ihre schweren Rüstungen anlegen. Heereszahlmeister zählen den Sold, Marodeure halten Ausschau nach möglicher Beute, und der bunte Tross aus Kindern und Marketenderinnen rundet das lebendige Bild des Lagers ab.
Wenn das Lagerleben zur Neige geht, bereitet sich das Heer auf den Einzug in die Stadt vor. Überzeugt von ihrem Sieg, marschieren die schwedischen Truppen durch das Wörnitztor. Die Ratsherren kommen ihnen mit den Stadtschlüsseln entgegen – bereit zur Übergabe ...
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Bei der Kinderzeche
Die Gruppe der Trommler und Pfeifer wurde Anfang der 1920er-Jahre von Mitgliedern des Spielmannszugs des SPD-nahen Reichsbanners gegründet und ist seit 1925 fester Bestandteil der schwedischen Truppen unserer Kinderzeche. Ende der 1940er-Jahre bestand die Gruppe aus zehn Pfeifern und zwei bis drei Trommlern. 1971 kam ein Schwung junger Männer hinzu, und auch die Tänze des Zunftreigens wurden wieder musikalisch begleitet.
Inzwischen besteht die Gruppe aus 22 aktiven Musikern. Als Instrumente dienen historische Landsknechttrommeln und Trommelpfeifen, die hölzernen Piccoloflöten ähneln, aber einen gewollt schrillen Klang erzeugen.
Während der Kinderzeche führen die Trommler und Pfeifer die schwedischen Fußtruppen sowohl bei den Stadtübergaben als auch bei den Festzügen an. Seit 1985 musizieren sie gemeinsam mit den Marketenderinnen der Gruppe als „Rauschpfeifer“ im Schwedenlager und spielen dort auf historischen Instrumenten für die Tänzer. Das Repertoire umfasst 15 traditionelle Märsche sowie zwei eigens für die Gruppe komponierte Stücke, ergänzt durch die Begleitung der Tänze des Zunftreigens.
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Im historischen Kontext
Trommler und Pfeifer spielten im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) eine wichtige Rolle für die Kommunikation und Koordination der Truppen. Sie waren Teil der militärischen Musik, die Signale gab, um Befehle an die Soldaten weiterzuleiten.
Neben ihrer Funktion als Befehlsgeber hatten Trommler und Pfeifer auch eine moralische Wirkung: Ihre Klänge stärkten den Zusammenhalt und motivierten die Soldaten. Sie trugen uniformähnliche Kleidung und waren meist in der Nähe des Kommandos positioniert.
Bei Aufmärschen kündigten Trommler und Pfeifer den Vormarsch an, signalisierten das Anhalten oder den Angriff. In der Hitze des Gefechts half ihre Musik, die Truppen zu organisieren und den Überblick zu behalten, auch wenn die Sicht durch Rauch oder Chaos eingeschränkt war. Die Signale waren oft standardisiert, sodass alle Einheiten schnell reagierten.
Trotz moderner Waffen blieben Trommler und Pfeifer im Krieg unverzichtbar, da sie schnelle Kommunikation ermöglichten. Ihre Musik ist heute ein Symbol für die militärische Tradition jener Zeit und prägt noch immer das Bild von Heeren im Dreißigjährigen Krieg.
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Bei der Kinderzeche
Die Scharfrichtergruppe, im Kinderzechmund auch „die Henker“ genannt, entstand um das Jahr 1950. Ihre Anfänge reichen zurück zu einer kleinen Truppe bestehend aus einem Scharfrichter, einem Gerichtsschreiber, einem Gefangenen und zwei Soldaten. Mit steigendem Arbeitsaufkommen kamen ein Henkersknecht, ein Fahnenträger, weitere Soldaten sowie einige Marketenderinnen hinzu, die organisatorische Aufgaben übernahmen.
Im heutigen Lagerleben werden die Unglücklichen höchstens an den Kniekehlen am Galgen aufgehängt – schlimmere Strafen müssen sie nicht mehr fürchten.
Die unmittelbare Gerichtsbarkeit als abschreckende Maßnahme wird zusätzlich durch eine abgehackte, blutige Hand auf einem Richtstock dargestellt – zu sehen auf der Gruppenfahne.
Das eigens gestaltete Wappen der Gruppe zeigt drei Vollstreckungsinstrumente: den Strick für den Galgen, das große Richtbeil für kleinere Vergehen sowie das Richtschwert mit einer Eisenkugel an der Schwertspitze für eine präzisere Enthauptung der Schuldigen.
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Im historischen Kontext
Die Angst vor dem Henker prägte das Alltagsleben vieler Menschen, die sich vor willkürlichen oder exekutiven Maßnahmen fürchteten. In manchen Fällen wurden auch Frauen und Kinder verurteilt.
Henker waren meist einfache, oft gesellschaftlich ausgegrenzte Männer, die in den Städten und Festungen arbeiteten. Ihre Arbeit war hart und wurde mit großer Strenge ausgeführt, da sie für die Durchsetzung der Rechtsprechung verantwortlich waren. Während des Krieges stieg die Zahl der Hinrichtungen deutlich an, da Vergehen wie Desertion, Meuterei oder Spionage streng bestraft wurden.
Trotz ihrer oft negativen Wahrnehmung spielten Henker eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Zeit des Chaos und der Unsicherheit. Ihre Arbeit war geprägt von Härte, doch sie war auch notwendig, um die militärische Disziplin zu sichern und den Krieg zu führen.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) waren Henker wichtige, aber oft gefürchtete Figuren. Sie führten die Vollstreckung von Todesurteilen durch, die im Krieg häufig wegen Verrats, Flucht oder Kriegsverbrechen verhängt wurden.
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Bei der Kinderzeche
Die Marodeure zu Dinkelsbühl wurden im Jahr 1982 aus einem Freundeskreis heraus gegründet. Zentraler Punkt sollte ein Marketenderwagen mit Beutegut sein. Ausgehend von elf Männern, sieben Frauen und elf Kindern im Gründungsjahr zählt die Gruppe heute etwa 50 Erwachsene sowie deren Nachwuchs.
Die Waffen der Marodeure sind sowohl zeitlich als auch landsmännisch originalgetreu nachempfunden und wurden vorwiegend selbst geschmiedet.
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Im Festzug halten sich die Marodeure weder an militärische Marschordnungen noch an irgendwelche anderen Regeln und sind für jeden Klamauk zu haben.
Ein Soldat mit Holzbein sowie ein Söldner mit Hakenarm sind seit Beginn fester Bestandteil der Truppe. Bis heute wurden die Charaktere und Kostüme ständig in Eigenrecherche und -initiative erweitert. Neben einem Kroaten, einem Pancerni-Kosaken, einem Ungarn und mehreren slawischen Kriegern gehören auch ein schottischer Dudelsackspieler sowie mehrere Laute spielende Marketenderinnen zur Gruppe.
Im historischen Kontext
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) waren Marodeure eine gefürchtete und verhasste Erscheinung auf Schlachtfeldern und in zerfallenden Städten.
Trotz Bemühungen der Regierungen, die Marodeure zu bekämpfen oder zu kontrollieren, erschwerte die Zersplitterung der Machtstrukturen eine wirksame Eindämmung. Insgesamt trugen Marodeure wesentlich zum Leid der Menschen bei und gelten bis heute als Symbol für die Grausamkeit und das Chaos dieses blutigen Konflikts.
Ihre Hauptmotivation war Beute, da sie oft keine geregelte Bezahlung erhielten. Marodeure nutzten das Chaos des Krieges, um sich durch Raub und Gewalt zu bereichern, und verschärften so die humanitäre Katastrophe, da sie auch Zivilisten schutzlos ließen. Die Bevölkerung lebte in ständiger Angst vor Überfällen, Hunger und Zerstörung.
Der Name stammt aus dem Französischen („Plünderer“) und bezeichnete versprengte Truppenteile, Deserteure, Nachzügler und ähnliche Banden. Diese meist unorganisierten Gruppen zogen ohne festen Auftrag durchs Land, plünderten Dörfer, brandschatzten und terrorisierten die Bevölkerung.
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Bei der Kinderzeche
Um das Jahr 1972 bildete sich die Gruppe der Drabanten, die als Begleiter des Obristen Sperreuth fungieren, aus einer Schar von einfachen Fußsoldaten. Seitdem organisiert und versorgt sich die Gruppe eigenständig. Mittlerweile umfasst sie über 45 Personen – darunter Offiziere, Landsknechte, Pikeniere sowie Marketenderinnen mit Tross.
Beim Nachspiel, der „Stadtübergabe“ auf dem Altrathausplatz, stehen die Drabanten dem Obristen Claus Dietrich von Sperreuth als Leibwache zur Seite. Dort werden ihnen die Schlüssel zu den Toren, Türmen und dem Zeughaus der besetzten Stadt Dinkelsbühl übergeben – und auch während des Festzugs verbleiben diese symbolisch in ihrem Besitz.
Im Schwedenlager führen die Drabanten sogenannte Schüttungen durch: Dabei werden Gefangene in der „Halsgeige“, einem historischen Folterinstrument, fixiert und anschließend mit einem Eimer kaltem Wasser „geschüttet“. Geahndet werden etwa Verrat am König, Ehebruch oder Diebstahl. Auch Neuankömmlinge im Lager werden mit einer Wassertaufe auf diese Weise willkommen geheißen.
Im historischen Kontext
In der Frühen Neuzeit hatten Trabanten, auch „Drabanten“ genannt, neben militärischen Aufgaben vor allem die Funktion persönlicher Leibwächter für Fürsten, Könige und hochrangige Adelige. Als disziplinierte und speziell ausgebildete Soldaten waren sie besonders geeignet, ihre Herrscher vor Angriffen, Attentaten und anderen Gefahren zu schützen. Sie hielten sich in unmittelbarer Nähe ihrer Schutzpersonen auf und waren jederzeit einsatzbereit.
Ihre Aufgaben reichten vom körperlichen Schutz über die Überwachung der Umgebung bis hin zum Eingreifen bei verdächtigen Vorkommnissen. Auch die Ausführung von Befehlen konnte ihnen übertragen werden. Ihre enge Bindung an die Herrscher und ihre militärische Kompetenz machten sie zu loyalen Begleitern, die für ihre Doppelfunktion häufig mit höherem Sold entlohnt wurden.
Die Bedeutung der Trabanten zeigt, wie zentral persönliche Sicherheit für die politische Elite der Frühen Neuzeit war. Ihr Dienst leistete einen wichtigen Beitrag zur Stabilität der damaligen Herrschaft.
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Bei der Kinderzeche
Hervorgegangen aus den „Singenden Schweden“ tragen die inzwischen gut 40 weiblichen und männlichen Schwedentänzer stolz die Fahnen des schwedischen Königs und führen das schwedische Fußvolk im Festumzug an. Mit ihrem eigenen Liederbuch singen sie Landsknechtslieder im Schwedenlager und während des Umzugs.
Gemeinsam mit der Gruppe der schwedischen Trommler und Pfeifer entstand bei den „Singenden Schweden“ der Wunsch, historische Tänze im Schwedenlager aufzuführen, um das Lagerleben vielseitiger und lebendiger zu gestalten. Nach intensivem Training führten Landsknechte und Marketenderinnen 1985 erstmals Tänze auf, basierend auf Aufzeichnungen aus Frankreich, England und Italien um das Jahr 1600.
Seitdem bereichern die Schwedentänzer die Kinderzeche mit Landsknechtsgesang und historischen Tänzen, begleitet von Glastonbury Pipes, Renaissance-Querflöte, Blockflöte, Sackpfeife, Drehleier und Rauschpfeifen. Ihr breites Repertoire umfasst über 30 Stücke, darunter Tänze in geometrischen Formen wie Kreisen, Linien und Quadraten sowie kämpferische Darbietungen.
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Im historischen Kontext
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) waren Vergnügungen meist rar und einfach, da der Krieg das Leben der Menschen stark prägte. Dennoch suchten Soldaten und Zivilisten nach kleinen Ablenkungen, um dem Alltag zu entfliehen.
Musik spielte eine wichtige Rolle: Sänger, Musiker und Tänzer sorgten für Unterhaltung in den Lagern oder Dörfern. Auch Trinkgelage gehörten dazu, bei denen Bier, Wein oder Schnaps konsumiert wurden, um die Stimmung zu heben. Karten-, Würfel- oder Brettspiele boten Abwechslung und Gesellschaft. Manchmal organisierten die Soldaten kleine Wettkämpfe oder Tänze, um die Langeweile zu vertreiben.
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Für die Zivilbevölkerung waren Feste und religiöse Zeremonien wichtige Anker im Alltag.
Trotz der schweren Zeiten versuchten Menschen, Freude und Gemeinschaft zu erleben. Diese kleinen Vergnügungen halfen, die Strapazen des Krieges besser zu ertragen und den Zusammenhalt inmitten von Leid und Unsicherheit zu stärken.
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Bei der Kinderzeche
Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Heereszahlmeisterei, nicht zuletzt durch viel Eigeninitiative, stetig weiter. Seit 1998 nimmt sie mit ihrer eigenen Kutsche einen festen Platz im Festumzug ein.
Ihr erstes Auftreten hatte die Heereszahlmeisterei im Jahr 1995, damals noch als kleine Gruppe mit fünf Landsknechten und zwei Marketenderinnen. Auch die Ausstattung war zu dieser Zeit noch recht einfach gehalten. Beim Festumzug marschierte die Gruppe hinter dem Pulverkarren.
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Die Hauptaufgabe dieser Gruppe besteht in der Organisation des Festabzeichenverkaufs während des Schwedenlagers. Dazu gehören sowohl die Ausgabe als auch die Abrechnung der verkauften Abzeichen. Der Verkauf erfolgt in Abstimmung mit den einzelnen Gruppen und wird von Kindern aus dem Tross durchgeführt.
Die Kriegskasse befindet sich zentral inmitten des Schwedenlagers und wird von der Heereszahlmeisterei verwaltet. Die Wurzeln dieser Gruppe reichen zurück bis ins Jahr 1994, als der damalige Festspielvorstand einigen ehemaligen Mitgliedern des Zunftreigens den Anstoß zur Gründung gab. Aus dieser Initiative erwuchs eine feste Institution im Lagerleben. Heute zählt die Gruppe 17 Mitglieder, die auch außerhalb der Kinderzech-Zeit regelmäßig gemeinsame Aktivitäten unternehmen.
Im historischen Kontext
Zur Zeit der sogenannten Söldnerheere waren Soldzahlungen ein zentrales Thema für die Streitkräfte. Viele Armeen, insbesondere die Söldnertruppen, waren auf regelmäßige Bezahlung angewiesen, um ihre Familien zu versorgen und ihre Ausrüstung zu finanzieren. Doch die Kriegslage führte häufig zu erheblichen Problemen bei der Auszahlung des Soldes. So kam dem „Zahlmeister“ eine zentrale Stellung in der Armee zu. Über ihn liefen alle Ein- und Auszahlungen während eines Kriegszuges.
Regierungen und Fürsten hatten oft finanzielle Schwierigkeiten, da die Kriegskosten enorm waren und die Ressourcen knapp wurden. In manchen Fällen kam es zu Verzögerungen oder sogar ausbleibenden Zahlungen, was die Moral der Truppen schwächte und zu Unruhen führte. Söldner, die keine pünktliche Bezahlung erhielten, griffen manchmal zu Plünderungen oder desertierten, was die Stabilität der Armeen weiter gefährdete. Die Unsicherheit bei den Soldzahlungen trug auch zur Zunahme von Marodeuren bei, die sich durch Raubzüge finanzierten.
Insgesamt spiegeln die Probleme bei Soldzahlungen die wirtschaftlichen Belastungen und das Chaos des Krieges wider. Trotz aller Schwierigkeiten blieben gut bezahlte Truppen entscheidend für den Erfolg auf dem Schlachtfeld.
Bei der Kinderzeche
Die Sperreuthschen Landsknechte wurden bereits im Jahr 1982 gegründet und entstanden aus einer geselligen Männerturn-Truppe. Zu Beginn bestand die Gruppe aus einem Schwedenhauptmann und sieben Landsknechten.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wuchs die Anzahl auf inzwischen rund 25 Landsknechte, inklusive eines Schwedenhauptmanns, acht Marketenderinnen und deren Kinder. Im Festzug wird die Gruppe von einem Trommler begleitet und von den Marketenderinnen wohlwollend versorgt.
Bekannt sind die Sperreuthschen Landsknechte für den gemeinschaftlichen Gesang, für alte Musketen, den Festzug-Gleichschritt (von manchen Spöttern als „Gleichschritt-Schweden“ bezeichnet) und verschiedene Spiele. Mehrmals jährlich trifft sich die Gruppe, um die altüberlieferten Landsknechtslieder im Schwedenlager oder beim Festumzug mit viel Herzblut zu proben und aufzuführen – stets mit dem Ziel, liebgewonnene Traditionen lebendig zu halten und weiterzugeben.
Im historischen Kontext
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Der Alltag war geprägt von harten Marschwegen, nächtlichem Wachen und häufigen Kämpfen. Disziplin und Mut waren unerlässlich, doch auch das Überleben hing vom Glück ab. Söldner lebten in provisorischen Lagern, litten unter Krankheiten wie Typhus oder Pest und hatten selten eine feste Heimat. Viele suchten nach Beute oder Plünderungen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Trotz der Gefahren war der Beruf des Söldners für manche eine Chance auf Geld und Abenteuer.
Das Leben eines Söldners im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) war geprägt von Gefahr, Unsicherheit und harter Arbeit. Söldner waren meist Männer aus verschiedenen Ländern, die gegen Bezahlung in den Krieg zogen. Sie lebten oft in einfachen Verhältnissen, mussten sich mit wenig zufriedengeben und waren ständig der Gefahr von Verletzungen oder Tod ausgesetzt.
Das Leben war brutal, geprägt von Gewalt und Unsicherheit, doch für viele war es auch ein Weg, dem Elend ihrer Armut zu entkommen. Der Krieg bestimmte ihr Schicksal maßgeblich und prägte ihre Existenz bis zum Ende des Konflikts.
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Bei der Kinderzeche
Die Gruppe Fähnrich entstand etwa in den 1960er-Jahren aus einer Handvoll Freunden. Sie sind als Soldaten mit Lanze und Säbel Teil des schwedischen Fußvolks.
Angeführt wird die Gruppe vom Fähnrich. Dieser trägt eine große Fahne mit den drei schwedischen Kronen auf dunkelblauem Grund. Ebenso führt er zusammen mit zwei weiteren Fähnrichen anderer Gruppen den schwedischen Zug des Fußvolkes an und stürmt hier federführend das Tor bei der Stadtübergabe.
Unter seiner Hand führt er in seiner Gruppe fünfundzwanzig Soldaten, zwölf Marketenderinnen und etliche Kinder, die während des Dreißigjährigen Krieges ebenso mit dem schwedischen Heereszug als Tross unterwegs waren.
In der Fähnrichgruppe sticht ein einzelner Soldat besonders hervor. Dieser trägt eine komplett selbst gestaltete und hergestellte Rüstungsuniform mit Eisenhelm und Kettenhandschuhen. Er begleitet den Fähnrich und steht als schützende Hand hinter ihm.
Im historischen Kontext
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Der Fähnrich spielte im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) eine bedeutende Rolle innerhalb der militärischen Hierarchie. Als Truppenführer auf mittlerer Ebene war er für die Organisation, Disziplin und Moral seiner Einheit verantwortlich.
Das Tragen der Flagge oder des Wimpels war nicht nur ein Symbol für die Zugehörigkeit, sondern auch ein wichtiger Orientierungspunkt auf dem Schlachtfeld. Der Fähnrich musste Mut, Führungsqualitäten und taktisches Verständnis besitzen, um seine Männer zu motivieren und in den Gefechten zu koordinieren. Zudem war er oft der erste, der bei Angriffen vorrückte, um die Flagge zu sichern oder neu zu hissen, was den Zusammenhalt der Truppe stärkte.
Während des Krieges wurden Fähnriche häufig Opfer feindlicher Angriffe, da sie als sichtbare Symbole der Einheit galten. Ihre Bedeutung lag also nicht nur in der Funktion als Befehlshaber, sondern auch in ihrer symbolischen Rolle für den Zusammenhalt und die Moral der Soldaten.
Insgesamt trugen Fähnriche wesentlich zur Organisation und zum Erfolg der Armeen im komplexen und verlustreichen Konflikt des Dreißigjährigen Krieges bei.
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Bei der Kinderzeche
Die Gruppe wurde im Jahr 1989 gegründet – mit zunächst 21 Pikenieren und vier Marketenderinnen. Die Rüstungen wurden von einem Plattner nach Originalvorlage geschmiedet und gehämmert. Die knapp vier Meter langen Piken bestehen aus leichtem, biegsamem Eschenholz.
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In den folgenden Jahrzehnten stieg die Mitgliederzahl deutlich an, sodass heute über 40 Männer in Waffen stehen. Die Pikeniere – im Festzug von einem Hauptmann, zwei Fahnenträgern und zwei Trommlern geleitet – werden von zwölf Marketenderinnen versorgt. Gemeinsam mit passiven Mitgliedern sowie den sogenannten „Nachrückern“ – anerkannten Bewerberinnen und Bewerbern noch ohne festes Kostüm – zählt die Gruppe mittlerweile über 70 Erwachsene.
Seit ihrer Gründung ist der gemeinschaftliche Gesang im Schwedenlager und während des Festumzugs das Aushängeschild der Gruppe. Ihr Liederbuch umfasst ein umfangreiches Repertoire mit zahlreichen Eigenkompositionen aus der Feder ehrwürdiger Mitglieder.
Die Pikeniere treffen sich mehrmals im Jahr, um neben dem Marschieren auf Trommelschlag auch verschiedene Kommandos und Formationen einzuüben.
Im historischen Kontext
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Pikeniere sind seit dem 13. Jahrhundert historisch belegt. Sie führten lange Piken, um berittenen Gegnern einen deutlichen Reichweitenvorteil entgegenzusetzen. Ihre Blütezeit begann im 15. Jahrhundert. Die schwere Infanterie trat zunächst in dichten, statischen Formationen – sogenannten „Gewalthaufen“ – auf, die durch ihre Masse große Schlagkraft entfalteten. Später wurden sie zu beweglicheren Einheiten weiterentwickelt, meist mit 50 Mann in der Breite und 30 Mann in der Tiefe. Hauptaufgabe blieb die Abwehr feindlicher Kavallerie, doch kam es auch zu Gefechten zwischen solchen Formationen.
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Einen bleibenden Eindruck hinterließen sie in der deutschen Sprache: Als oft ungelernte Soldaten, deren Einsatz jedoch strenge Disziplin verlangte, mussten sie ihr (Kriegs-)Handwerk sprichwörtlich „von der Pike auf lernen“.
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Mit dem Aufkommen von Schusswaffen geriet die Pike als Hauptwaffe zunehmend ins Hintertreffen. Zwar schützten Pikeniere anfangs noch Musketiere vor dem Nahkampf, doch bereits im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) sank ihre Zahl deutlich. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts waren sie fast vollständig verschwunden.
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Bei der Kinderzeche
Seit 2004 bereichert die Gruppe der Musketiere die Kinderzeche. Viele ihrer Mitglieder waren zuvor als Trosskinder im Schwedenlager aktiv. Als sie den kindlichen Kostümen entwuchsen, stellte sich die Frage, wie sie dem Heimatfest weiterhin verbunden bleiben konnten.
Mit selbstgeschmiedeten Hellebarden bewaffnet, gründeten sie die Gruppe der „Jungschweden“ – anfangs bestehend aus zwölf Jungsoldaten und vier Marketenderinnen. Aus dieser Initiative entwickelte sich eine historische Infanterieeinheit, die dem Schwedenlager bis dahin gefehlt hatte: die Musketiere.
Mit dem Wechsel der Hellebarden zu Musketen – langen Vorderladern – nahm die Gruppe ihre heutige Form an: mitsamt Marketenderinnen eine Einheit aus etwa 20 Erwachsenen, begleitet von einer stetig wachsenden Zahl an Trosskindern.
Um möglichst authentisch auftreten zu können, ließen sich die Mitglieder im Umgang mit den voll funktionsfähigen Musketen ausbilden und führen seither regelmäßig Schießvorführungen durch. Der Schießmeister achtet dabei stets auf die korrekte Einhaltung der komplexen Abläufe.
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Im historischen Kontext
Für ihre Ausrüstung waren die Musketiere sowie alle anderen Waffengattungen selbst verantwortlich. Ausschließlich die Artillerie wurde vom kriegsführenden Herrscher bzw. von Kriegsunternehmern wie Wallenstein gestellt.
Der nachweislich erste Einsatz tragbarer, schießpulvergetriebener Waffen datiert auf das Jahr 1364 und wird in einer Quelle aus Perugia erwähnt. Zwar war die tödliche und verheerende Wirkung der Waffe bereits bekannt, doch war die Technik zu diesem Zeitpunkt noch nicht so ausgereift, dass man ihr eine entscheidende Rolle im Schlachtverlauf zutraute. Durch verschiedene technische Innovationen wurde es jedoch möglich, verstärkt auf die Büchse zurückzugreifen und die Armbrust zu ersetzen. Den endgültigen Durchbruch erlangte die Muskete dann im 16. Jahrhundert.
Gleichzeitig wurde der militärische Drill immer wichtiger, da ein geordneter Schlachtverlauf ohne die perfekte Handhabung der Waffe und das Kennen der taktischen Abläufe unmöglich war. Dies führte zusammen mit anderen Entwicklungen zu einer Art Berufssoldatentum – allerdings nicht im heutigen Sinne, sondern als Söldner, die dem Meistbietenden verpflichtet waren.
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Bei der Kinderzeche
Die Reiterei der Kinderzeche ist seit Anbeginn ein fester Bestandteil des Schwedenlagers und des Festzugs. Neben rund 20 berittenen schwedischen Offizieren beherbergt das „Drei-Kronen-Zelt“ auch zentrale Figuren des Festspiels: der Heerführer, Obrist Claus Dietrich von Sperreuth, sein Abgesandter – der schwedische Hauptmann – sowie die berittenen Standartenträger und der schwedische Trompeter gehören zu dieser Gruppe.
Zur Reiterei gehört auch die „Kanone“ – ein originalgetreuer Nachbau, der von einem prachtvollen Vierspänner durch die Gassen gezogen wird. Begleitet wird das Gespann von vier verwundeten Kanonieren. Die Organisation der zahlreichen Gespanne fällt ebenfalls in den Aufgabenbereich dieser Gruppe.
Um das Wohl der Reiter und ihrer Pferde kümmern sich rund 40 Marketenderinnen. Einige begleiten die Reiterei direkt und tragen so zur Sicherheit während des Festzugs bei, andere bilden gemeinsam mit weit über 100 Kindern aus dem Schwedenlager den lebendigen Tross. Viele dieser Kinder sind bereits seit ihrer Geburt Teil der Gemeinschaft.
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Im historischen Kontext
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) spielten Kavallerie und Artillerie eine entscheidende Rolle auf den Schlachtfeldern Europas. Die Kavallerie bestand aus berittenen Soldaten, die für schnelle Angriffe, Aufklärung und Flankenmanöver eingesetzt wurden. Sie war in leichten Reitern, die flexibel waren, und schweren Reitern, die mit Hellebarden und Schwertern kämpften, unterteilt. Besonders die schwedische Kavallerie unter Gustav II. Adolf beeindruckte durch ihre Wendigkeit und Taktik.
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Die Artillerie wurde zunehmend wichtiger, da sie bei Belagerungen und Schlachten eingesetzt wurde, um feindliche Linien zu zerschlagen oder befestigte Städte zu beschießen. Die frühen Kanonen waren schwerfällig, doch im Laufe des Krieges verbesserten sich Technik und Mobilität erheblich. Artilleriegeschütze wurden auf Wagen montiert und konnten gezielt eingesetzt werden, um Verteidigungen zu durchbrechen.
Zusammen trugen Kavallerie und Artillerie dazu bei, das Kriegsgeschehen dynamischer zu gestalten. Während die Kavallerie für Bewegung und Überraschung sorgte, ermöglichte die Artillerie Zerstörung auf größere Entfernung. Beide Waffengattungen entwickelten sich im Verlauf des Krieges weiter und beeinflussten das europäische Militärwesen nachhaltig.
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Bei der Kinderzeche
Die Gruppe der Kürassiere wurde im Jahr 2004 gegründet – wobei der „Eisenreiter“ bereits lange zuvor ein fester Bestandteil der Kinderzeche war. Zu Beginn zählte die Gruppe fünf Mitglieder; bis heute ist sie auf sieben Kürassiere und 15 Marketenderinnen angewachsen.
Dem Hauptmann in Vollrüstung folgen im Festzug ein Standartenreiter sowie ein Trompeter. Dahinter reitet die Mannschaft in Teilrüstung, dem sogenannten Kürass, jeweils begleitet von Marketenderinnen zu Fuß. Den Abschluss bilden die reitenden Marketenderinnen.
Die Rüstungen, die bis zu 30 Kilogramm wiegen, stellen sowohl für Reiter als auch für die Pferde eine erhebliche Herausforderung dar. Deshalb müssen die Tiere im Vorfeld an die Rüstungen sowie an das Umfeld gewöhnt werden. Auch die Bewegungsfreiheit der Reiter ist durch den Kürass deutlich eingeschränkt. Besonders bei sonnigem Wetter kann die Temperatur in der Rüstung auf bis zu 50 °C steigen – das verlangt den Reitern einiges ab.
Der Ruf „Es ist kein Mensch, es ist kein Tier, es ist des Königs Kürassier“ unterstreicht den starken Zusammenhalt dieser geselligen und humorvollen Truppe.
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Im historischen Kontext
Die Kürassiere waren im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) eine bedeutende Kavallerieeinheit. Sie trugen schwere Rüstungen, insbesondere den berühmten Kürass, eine Brustplatte aus Metall, die Schutz bot. Diese Rüstung machte sie zu einer der am besten geschützten Truppen auf dem Schlachtfeld. Die Kürassiere wurden hauptsächlich für den Nahkampf eingesetzt, um feindliche Linien zu durchbrechen. Sie waren oft mit Säbeln, Lanzen oder Pistolen bewaffnet. Ihre Rolle war entscheidend bei Angriffen und Verteidigungen, da sie durch ihre schwere Bewaffnung und Rüstung viel Schaden anrichten konnten.
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Im Krieg waren sie sowohl bei kaiserlichen als auch bei protestantischen Armeen im Einsatz. Besondere Bekanntheit erlangte dabei das kaiserliche Regiment der „Pappenheimer“, die sprichwörtlich noch heute in aller Munde sind. Trotz ihrer Stärke hatten die Kürassiere auch Schwächen: Sie waren schwerfällig und anfällig gegen schnellere Infanterie- oder Artillerieangriffe. Zudem war die Ausbildung teuer und aufwendig. Dennoch galten sie als Symbol für militärische Macht und Disziplin. Im Verlauf des Krieges entwickelten sich die Taktiken weiter, doch die Kürassiere blieben ein wichtiger Bestandteil der Heere und prägten das Bild der schweren Kavallerie in dieser Zeit maßgeblich.
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